Änderung des Zivildienstgesetzes

Die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF) unterstützt den vom Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) vorgelegten Entwurf zur Änderung des Zivildienstgesetzes, weil die sieben vorgeschlagenen Massnahmen kurzfristig dazu beitragen könnten, die Anzahl Zulassungen zum Zivildienst zu senken. Die RK MZF geht jedoch nicht davon aus, dass die Massnahmen zu einer substantiellen und nachhaltigen Senkung der Zulassungen zum Zivildienst führen. Auch werden die Massnahmen kaum eine wesentliche Verminderung der Attraktivität des Zivildienstes bewirken.

Der RK MZF geht es keineswegs darum, die verfassungsmässig garantierte Möglichkeit zum Leisten eines Ersatzdienstes aus Gewissensgründen zu unterbinden. Die RK MZF will auch nicht die einzelnen sicherheitspolitischen Instrumente im Sicherheitsverbund Schweiz gegeneinander ausspielen. Der RK MZF geht es darum, die Schweiz und ihre Bevölkerung vor Bedrohungen und Gefahren optimal zu schützen. Aus diesem Grund schlagen wir weitere Massnahmen vor, die im neuen ZDG sowie flankierend dazu berücksichtigt werden sollen:

  1. Eine zeitgemässe mündliche Motivationsabklärung im Zusammenhang mit dem Zivildienstgesuch ist im Rahmen der Rekrutierung durchzuführen. Flankierend dazu sollen an den Oberstufen Themen der Schweizer Sicherheitspolitik unterrichtet werden.
    Begründung: Mit der Abschaffung der Gewissensprüfung im Jahre 2009 ist die psychologische Hürde der persönlichen Befragung weggefallen. Gemäss Vorlage soll auch künftig Zivildienst leisten können, wer den Militärdienst mit seinem Gewissen nicht vereinbaren kann. Zur Feststellung dieser Motivation genügt heute das Einreichen eines ausgefüllten Formulars auf elektronischem Weg.[1] Darüber hinaus hat der Zivi als „Tatbeweis“ einen Ersatzdienst zu leisten, der länger dauert als der Militärdienst. Ob es sich um eine Gewissensfrage oder nicht doch eher um die Optimierung des individuellen Lebensweges handelt, wird heute nicht nachgeprüft. Der Militärdiensttaugliche hat die faktische Wahlfreiheit zwischen Militärdienst und Zivildienst. Die im vorliegenden Gesetzesentwurf aufgeführten Massnahmen ändern an dieser Situation grundsätzlich nichts.
    Die Anzahl der Zulassungsgesuche zum Zivildienst belegt dessen grosse Attraktivität. Dies dürfte auch am eher geringen Kenntnisstand der jungen Schweizer Bevölkerung über die Instrumente der Schweizer Sicherheitspolitik liegen. Diese Wissenslücken sind an den Schulen zu füllen. Weil die Bildungshoheit auf dieser Schulstufe Sache der Kantone ist, sollte der Bund entsprechende Empfehlungen in den zukünftigen Lehrplänen zuhanden der Konferenz der Kantonalen Erziehungsdirektorinnen und –direktoren (EDK) formulieren. Ferner kann der Bund entsprechende Mittel, insbesondere Fachpersonen aus dem Bereich Sicherheit für Lektionen zur Sicherheitspolitik, an den Oberstufen zur Verfügung stellen.
  2. Ein Zulassungsgesuch zum Zivildienst soll nur zwischen der Rekrutierung und vor der Rekrutenschule gestellt werden können.
    Begründung: Mit dieser Massnahme erhält die Armee bezüglich ihrer Bestände die nötige Planungssicherheit. Die beträchtlichen finanziellen und personellen Investitionen in die Ausbildung eines einzelnen AdA werden durch dessen Abgang in den Zivildienst nach der Rekrutenschule nicht mehr vergeblich gewesen sein.
    Für uns ist schwierig nachvollziehbar, weshalb der Bundesrat solche nachhaltig wirksamen Massnahmen als „untauglich verworfen“ hat.[2] Aus Sicht der RK MZF sind dadurch die Erkenntnisse aus der Revision der Zivildienstverordnung im Jahre 2011, die mittelfristig wirkungslos blieb, nicht ausreichend berücksichtigt worden. Mit dem vorliegenden Änderungsentwurf wird die Einführung langfristig wirksamer Massnahmen auf Jahre hinaus verzögert.
  3. Militärdienstpflichtige, die zu einem Assistenz- oder Aktivdienst aufgeboten sind, sollen kein Gesuch um Zulassung zum Zivildienst mehr stellen können.[3]
    Begründung: Der RK MZF ist daran gelegen, dass die Armee über ausreichende Bestände verfügt. Als strategische Reserve des Bundes dient sie neben der Landesverteidigung auch der Unterstützung der zivilen Behörden, bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung anderer ausserordentlicher Lagen z.B. der Bewältigung von Katastrophen und Notlagen. Ausgerechnet in diesen Fällen soll aber ein vollständig ausgebildeter Militärdienstpflichtiger beim Aufgebot doch noch ein Zivildienstgesuch stellen können.[4] Dies ist aus unserer Sicht nicht zulässig.
  4. Ein AdA mit Kader- oder Spezialausbildung hat sich für die vollständige Ableistung seiner Militärdienstpflicht zu verpflichten.[5]
    Begründung: Die Ausbildung eines einzelnen AdA kann mit grossen finanziellen und personellen Investitionen verbunden sein. Durch den Abgang eines Kadermitglieds oder eines Spezialisten in den Zivildienst werden diese Aufwendungen überflüssig. Die Armee soll Modelle erarbeiten, die einen solchen AdA verpflichten, seine Militärdienstpflicht grundsätzlich vollständig abzuleisten. Optionen wie die Rückzahlung von Ausbildungsaufwendungen sind bis Ende 2019 zu prüfen.
  5. Die Möglichkeit, dass Zivis ihren Dienst im Ausland absolvieren, ist abzuschaffen.
    Begründung: Die Dienstleistung im Ausland stellt eine unnötige Attraktivitätssteigerung des Zivildienstes dar. Darüber hinaus widerspricht sie dem mit den Massnahmen 5 bis 7 im vorliegenden Gesetzesentwurf beabsichtigten Versuch, dem Grundsatz der Gleichwertigkeit der Diensterfüllung in Armee und Zivildienst bessere Nachachtung zu verschaffen. Ein AdA kann seine Militärdienstpflicht auch nicht im Rahmen eines Auslandeinsatzes absolvieren.
  6. Zur langfristigen und nachhaltigen Lösung der Bestandesprobleme in Armee, Zivilschutz und Zivildienst ist das im Bericht der Studiengruppe Dienstpflichtsystem aufgeführte Modell der „Sicherheitsdienstpflicht“ vertieft zu prüfen.
    Begründung: Die grosse Anzahl der Zulassungen zum Zivildienst wirkt sich nicht nur auf die Armee, sondern auch auf den Zivilschutz aus. So melden sich heute Personen, die früher aufgrund von Problemen in der Rekrutenschule aus dem Militärdienst ausschieden und dann schutzdiensttauglich wurden, heute oft beim Zivildienst.[6] Zudem führen die Massnahmen, welche die Armee zur Reduzierung von Abgängen unternimmt, zu einem Bestandesrückgang im Zivilschutz.[7] Diese Massnahmen sind insbesondere auf die Abgänge in den Zivildienst zurückzuführen. Die im Modell „Sicherheitsdienstpflicht“ dargestellte Zusammenführung von Zivilschutz und Zivildienst und die Schaffung einer neuen Organisation (z.B. „Katastrophenschutz“) dürfte das heutige System vereinfachen und Bestandesprobleme lösen.

 

Anmerkungen
[1] Prozess: 1.) auf E-Zivi registrieren, 2.) Anmelden, Angaben vervollständigen und Gesuch stellen, 3.) Einführungstag besuchen, 4.) Gesuch bestätigen, 5.) Zulassung erhalten, 6.) Dienst leisten.
[2] Erläuternder Bericht zur Änderung des Zivildienstgesetzes vom 20. Juni 2018, S. 6.
[3] Wird bei Umsetzung der Empfehlung 2 obsolet.
[4] Art 1 Abs 2: „Wer die Gesamtdauer der Ausbildungsdienste vollständig absolviert hat, kann zum Zivildienst zugelassen werden, sofern ein Aufgebot zu einem Assistenz- oder Aktivdienst besteht“. Art 16 Abs 2: “ Militärdienstpflichtige, welche die Gesamtdauer der Ausbildungsdienste vollständig absolviert haben, können nur dann ein Gesuch um Zulassung einreichen, wenn sie zu einem Assistenz- oder Aktivdienst aufgeboten sind.“
[5] Wird bei Umsetzung der Empfehlung 2 obsolet.
[6] Vgl. dazu: BABS, Rekrutierung und Bestände Zivilschutz, Faktenblatt, KdA I-2018, 26.-27.3.2018.
[7] Massnahmen der Armee: progressive Leistungssteigerung in der Rekrutenschule, differenzierte Tauglichkeit, Anpassung der Anforderungsprofile.