Die Sicherheitspolitik der Schweiz – Entwurf Bericht des Bundesrates

Stellungnahme der RK MZF zum Entwurf vom 14. April 2021

Allgemeine Bemerkungen

Erhöhte Publikationskadenz und Kürzung: Die RK MZF begrüsst, dass die sicherheitspolitischen Berichte künftig alle vier Jahre vorgelegt werden sollen. Ebenso begrüssen wir, dass der vorliegende Entwurf gegenüber den bisherigen Sipol B im Umfang um rund die Hälfte reduziert wurde.

Begründung: die sicherheitspolitische Lage auf dem europäischen Kontinent und in der Welt hat sich in den letzten Jahren „teilweise verschärft“ (S. 2). Im Bericht wird zudem auf das „grosse Tempo“ und die „Ungewissheit“ hingewiesen, von denen die internationalen Entwicklungen geprägt sind (S. 2). Auf diese Veränderungen muss die Schweiz reagieren. Da die Sicherheitspolitischen Berichte jeweils die Grundlagen, Strategien und Prioritäten unseres Landes im Umgang mit den Bedrohungen und Gefahren darstellen, ist eine Erhöhung der Publikationskadenz folgerichtig. Damit wird zudem ein von politischen Kreisen längst formuliertes Desiderat erfüllt. So können dem Parlament „die jeweiligen Zusammenhänge zwischen Bedrohungslage und Fähigkeiten der Armee aufgezeigt werden, und das Parlament kann in Kenntnis derselben seine Schwergewichte setzen. Es kann mit anderen Worten alle vier Jahre darüber entscheiden, in welchen Bereichen Schwächen im Fähigkeitsspektrum der Armee in Kauf genommen werden, und wo diese andererseits rasch geschlossen werden müssen.“ (vgl. Deloitte Consulting AG, Projekt «Beschaffungen VBS», Bericht zuhanden des Generalsekretariats VBS, Zürich 20.05.2020, S. 74). Eine Kürzung des Textes gegenüber den bisherigen Sipol B ist vor diesem Hintergrund zielführend.

Konkretisierung der Massnahmen: Die im Bericht aufgeführten Massnahmen zur Umsetzung der sicherheitspolitischen Ziele sind zu konkretisieren. Dabei sind die wichtigsten Projekte zu nennen und mit einer Angabe über den geplanten Zeitpunkt des Projektendes zu versehen.

Begründung: Die im Bericht aufgeführten „Massnahmen“ haben öfters eher den Charakter von Absichten, mit denen der Leser nur wenig anfangen kann. Es sind aber die konkreten Umsetzungsmassnahmen zur Zielerreichung, welche die Akteure in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft interessieren. Im vorliegenden Entwurf wird der Lage (Teil 2) jedoch noch zu breiten Raum gewährt, während die Massnahmen zur Umsetzung (Teil 4) zu wenig konkret ausgearbeitet sind. Gerade diese Massnahmen interessieren jedoch die politischen Gremien in Bund und Kantonen.

Beschleunigung der Beschaffungsprozesse: Im Kontext der verstärkten Ausrichtung auf hybride Konfliktführung ist als zentrale Massnahme die Beschleunigung der Beschaffungsprozesse aufzuführen. Dies gilt für Rüstungsgüter im Allgemeinen und für den Bereich der Bodentruppen und den Cyberbereich im Besonderen. Dabei sind die einschlägigen Empfehlungen im Bericht über die Beschaffungen des VBS zu nennen und der grobe Zeitplan für deren Umsetzung aufzuzeigen (vgl. Deloitte Consulting AG, Projekt «Beschaffungen VBS», Bericht zuhanden des Generalsekretariats VBS, Zürich 20.05.2020, S. 74).

Begründung: Im vorliegenden Berichtsentwurf wird darauf hingewiesen, dass die internationalen Entwicklungen weiterhin „von grossem Tempo geprägt“ sind (S. 2) und dass „das Tempo der Veränderungen der internationalen Lage in den letzten Jahren noch höher geworden ist“ (S. 24). Ausserdem wird betont, dass die Schweiz auf die sich verändernden Bedrohungen und Gefahren „rasch und richtig reagieren“ (S. 2) können muss. Bei den heute gängigen Beschaffungsprozessen ist dies nicht möglich. Sie sind daher entsprechend anzupassen.

Detaillierte Bemerkungen
Kapitel 2: Lage
Grossmächte: Im Bericht werden China, Russland und die USA mehrfach als „Grossmächte“ bezeichnet (S. 3, 7-10, 17.). Dabei fordern China und Russland die USA offenbar „punktuell“ heraus. Die zweimal verwendeten Satzteile „fordert die Dominanz der USA punktuell heraus“ (S. 10) sind zu streichen.
Begründung: Unter „konkurrierende(n) Grossmächte(n)“ (S. 9) ist es üblich, dass man sich herausfordert. Auch die USA fordern China und Russland heraus. Soll mit „punktuell“ dargestellt werden, dass die USA nach wie vor die dominierende Supermacht ist, so ist dies entsprechend deutlich festzuhalten.
USA – Administration Biden: Den jüngsten Veränderungen in der US-Aussen- und Sicherheitspolitik ist Rechnung zu tragen. Der Berichtsentwurf ist daher zu aktualisieren.
Begründung: Seit der Ablösung der Administration Trump haben sich verschiedene auch sicherheitspolitische Veränderungen ergeben (Beziehungen zur Nato, zu den Rüstungskontrollregimen, zur Nahostpolitik) die sich auf die Lage auswirken können.
Russland – Gesellschaftsmodell: Im Zusammenhang mit Russland wird auf dessen „Gesellschaftsmodell“ (S. 10) verwiesen. Dieser Ausdruck ist wegzulassen oder das entsprechende Modell zu erklären.
Begründung: Mit dem Untergang der Sowjetunion konnte auch deren „Gesellschaftsmodell“ überwunden werden. Der Berichtsentwurf postuliert nun ein spezifisches russisches Gesellschaftsmodell. Was sind seine Charakteristika? Wodurch unterscheidet sich dieses von anderen Modellen?
Europa: Im Bericht ist konsequent zwischen „Europa“ als geopolitischem Begriff und der „Europäischen Union“ als Staatenverbund aus 27 europäischen Staaten zu unterscheiden. Wo sich der Text auf den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine bezieht, ist „an der Peripherie“ wegzulassen und anstatt dessen „in Osteuropa“ zu schreiben.
Begründung: Die im Bericht vorgenommene Unterscheidung der Begriffe „Europa und Russland“ (S. 8) ist nicht korrekt. Bei Russland westlich des Urals und der Ukraine handelt es sich um osteuropäische Staaten bzw. Gebiete. Moskau ist eine osteuropäische Stadt. Durch die vorgenommene Unterscheidung wird ein europäischer Konflikt (Ukraine-Russland) zu einem Konflikt „an der Peripherie“ (S. 2, 7). Durch die Unterteilung in Europa und Russland bzw. die Bezeichnung „Konflikt an der Peripherie“ wird dem Schweizer Leser eine erhöhte Sicherheit suggeriert.
Regionalmächte: Im Bericht werden „Regionalmächte“ (S. 3) genannt. Der Begriff „Regionalmächte“ ist zu definieren. Diese Mächte, insbesondere solche mit Bezug zur Schweiz, sind explizit aufzuführen.
Begründung: Der Begriff Regionalmächte ist unklar. Handelt es sich um Mächte mittlerer Grösse? Sind es Staaten mit besonderen wirtschaftlichen (Deutschland, Japan) oder aussenpolitischen (Frankreich, Türkei) Ambitionen? Die Schweizer Sicherheitspolitik kann vom Konkurrenzkampf einzelner Regionalmächte betroffen sein; es ist daher wichtig, zumindest die für die Schweiz bedeutendsten dieser Staaten und ihre Ansprüche zu kennen.
Gesellschaftliche Polarisierung: Es ist auf das Auseinanderdriften der Schere zwischen Arm und Reich – verschärft durch Covid-19 – und der damit einhergehenden und tendenziell zunehmenden Destabilisierung der Gesellschaft hinzuweisen.
Begründung: Dieses Thema spielt innerstaatlich eine sicherheitsrelevante Rolle (z. B. Extremismus, Gewalt, Jugendarbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit, Sozialhilfeabhängigkeit).
Schweizer Staatsangehörige in Krisengebieten: Im Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten wird auf die mögliche Gefährdung Schweizer Staatsangehöriger in Krisengebieten (S. 17) hingewiesen. Dies wird im Kontext terroristischer Aktionen nur indirekt angesprochen („Schweizer Interessen“, S. 15). Konkrete Massnahmen zum Schutz und der Rückführung gefährdeter Personen werden nicht beschrieben; dies ist zu ergänzen. Konkrete Optimierungsmassnahmen sind aufzuzeigen (z.B. Beschaffung von adäquaten Lufttransportmitteln, Einsatz von Schweizer Sonderoperationskräften).
Begründung: Die Schweiz muss befähigt sein, jederzeit und weltweit den grösstmöglichen Schutz ihrer Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. Dies schliesst insbesondere die sichere Rückführung gefährdeter Personen durch eigene Mittel ein.
Massenvernichtungswaffen: Im Zusammenhang mit der „Bedrohungslage Schweiz“ wird die Entwicklung und Weiterverbreitung von Waffensystemen aufgeführt (S. 17f.). Dabei erscheinen Nuklearwaffen sowie Trägermittel, Sensorik und Drohnen. Der chemische und biologische Bereich ist im Bericht (S. 17f., 24) ebenso aufzuführen.
Begründung: Die Schweiz verfügt über zahlreiche chemische und biologische Labore sowie ein breites Wissen in diesen Bereichen. Die internationalen Exportkontrollregime umfassen auch diese für terroristische Bewegungen und einzelne Staaten interessanten Substanzen.
Katastrophen und Notlagen (Ziff. 2.3.9)
Der Titel ist in «Katastrophen, Notlagen und andere Ereignisse» umzubenennen.
Begründung: Bei den im Erläuterungstext aufgeführten Ereignisszenarien muss es sich nicht zwingend um eine Katastrophe oder Notlage handeln. Insbesondere können die erwähnten Naturgefahren bei einem allfälligen Ereignis die Sicherheit der Bevölkerung in einer bestimmten Region gefährden. Auch wenn es sich um Grossereignisse handelt, müssen diese nicht zwingend das Ausmass einer Notlage oder Katastrophe annehmen.
Bei den Naturgefahren sind Waldbrände als mögliche Folgen von Hitzewellen und Trockenheit erwähnt; er soll durch «Vegetationsbrände» ersetzt werden.
Begründung der Begriff Waldbrände ist zu eng gefasst.
Die technikbedingten Gefahren sind mit dem Unfallbegriff zu erweitern.
Begründung: Insbesondere bei Explosionen oder ABC-Ereignissen (z.B. Austritt von Chlorgas, welche sich in Betrieben oder auf Verkehrswegen ereignen, kann die Sicherheit einer grossen Anzahl Personen gefährdet werden. Solche Ereignisse erfordern eine rasche Intervention der Einsatzkräfte, insbesondere der Feuerwehr.
Erdbeben: Das Erdbeben wird im Bericht mehrfach genannt. Es sind daher unter den Massnahmen konkrete Schritte zur präventiven Reduzierung von Schäden und der Schadensbewältigung aufzuführen. Das weitere Vorgehen im Hinblick auf eine obligatorische Erdbebenversicherung in der Schweiz ist zu thematisieren.
Begründung: Erdbeben werden wegen ihres Schadenspotenzials als „zu den grössten Risiken bezüglich Naturkatastrophen in der Schweiz“ bezeichnet (S. 20). Ihnen ist daher bereits bevor ein solches Ereignis eintritt, besondere Aufmerksamkeit zu widmen.
Kapitel 3: Sicherheitspolitische Interessen und Ziele
Kooperation und Neutralität: Dieser Abschnitt (S. 23) ist in der Reihenfolge und der entsprechenden Argumentation umzustellen. Neu sollte er lauten: „Neutralität und Kooperation: Der Kerninhalt der schweizerischen Neutralität – keine Unterstützung einer Partei in einem internationalen bewaffneten Konflikt – dient dazu, sich aus bewaffneten Konflikten herauszuhalten und die Unparteilichkeit zu wahren. Die Schweiz kooperiert jedoch sicherheitspolitisch insbesondere mit europäischen Staaten. Sie ist international stark vernetzt und will grundsätzlich mit allen Staaten gute Beziehungen pflegen.“
Begründung: Im Selbstverständnis einer breiten – auch ausländischen – Öffentlichkeit steht traditionsgemäss die Neutralität der Schweiz im Vordergrund der sicherheitspolitischen Wahrnehmung. Dem ist durch die Umstellung Rechnung zu tragen.
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit: Der Begriff „Respektierung des Völkerrechts“ (S. 23) ist in den Text des Abschnitts einzufügen, jedoch aus dem Abschnittstitel zu entfernen.
Begründung: Die Verwendung von durchgängig zwei Begriffen in den vier Abschnitten ist sinnvoll. Die Nennung des Völkerrechts im Text ist ausreichend.
Miliz und Dienstpflicht: Der Text dieses Abschnitts (S. 23) soll neu lauten:
„Milizprinzip und Dienstpflichtsystem: Nach dem Schweizer Milizprinzip können die Bürgerinnen und Bürgern neben- oder ehrenamtliche Ämter und Aufgaben übernehmen. Auch das Dienstpflichtsystem baut auf dem Milizsystem auf. Entsprechend haben Dienstpflichtige auch Kaderfunktionen zu übernehmen. Die Dienstpflicht wird grundsätzlich auf eine Grundausbildung und weitere, über mehrere Jahre verteilte Ausbildungen oder Einsätze verteilt. Armee, Zivilschutz, Zivildienst und der weitaus grösste Teil der Feuerwehr basieren darauf. Die sicherheitspolitischen Instrumente Armee, Zivilschutz und Feuerwehr müssen dabei über das nötige Personal verfügen.“
Begründung: 1) Milizprinzip: Das Schweizer Milizprinzip – nicht die Miliz, bei der es sich um eine Art Truppe handelt – ist hier zu definieren, da es sich grundlegend vom ausländischen Milizverständnis unterscheidet. 2) „weitaus grösste Teil der Feuerwehr“: In der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein gibt es insgesamt 1244 Feuerwehrorganisationen (Stand: 2020). Dazu zählen neben Orts- und Stützpunktfeuerwehren auch 174 Betriebsfeuerwehren jedoch nur 17 Berufsfeuerwehren. 3) Armee, Zivilschutz und auch die Feuerwehr legen Bestände fest, daher müssen sie über das nötige Personal verfügen. Für den Zivildienst gilt dies nicht, da es sich dabei um einen Ersatzdienst handelt. Würde kein Militärdiensttauglicher einen Gewissenskonflikt geltend machen, wäre kein Zivildienst erforderlich. Zudem wurde während der Covid-Krise deutlich, dass sich der Zivildienst kaum eignet, um die zivilen Behörden in einer Krise zu unterstützen. Seine Angehörigen sind nicht in Formationen eingeteilt, werden nicht durch eigene Kader geführt und können auch nicht innert weniger Tage in den Einsatz gelangen. Daher soll der Zivildienst in die Zivilschutzorganisationen integriert werden können.
Kapitel 4: Umsetzung: Politikbereiche und Instrumente der Sicherheitspolitik
Armee: Die Kantone sind bei der Nennung ihrer Unterstützungsaufgabe der zivilen Behörden explizit aufzuführen. Der entsprechende Satz (S. 28) soll neu lauten: „Die Armee unterstützt die zivilen Behörden im Inland, insbesondere die Kantone, wenn deren Mittel nicht mehr ausreichen, bei der Bewältigung von Krisenlagen aller Art. Die Armee beteiligt sich an der internationalen Friedensförderung sowie an der Katastrophenhilfe im Ausland.“
Begründung: Die seit Jahrzehnten enge und zielführende Zusammenarbeit von Armee und Kantonen wird durch die geänderte Formulierung deutlicher hervorgehoben.
Bevölkerungsschutz: Die vorliegende Formulierung ermöglicht unterschiedliche Interpretationen. Der erste Teil des entsprechenden Absatzes (S. 28) soll daher neu lauten: „Der Bevölkerungsschutz ist ein Verbundsystem, bestehend aus den Partnerorganisationen Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technischen Betriebe und Zivilschutz. Er ist zuständig für den Schutz der Bevölkerung und ihrer Lebensgrundlagen bei Katastrophen und in Notlagen. Unter der Leitung der Kantonalen Führungsorganisationen (KFO) arbeiten die fünf Partnerorganisationen sowie Dritte (z.B. Armee) in Vorsorge und Ereignisbewältigung zusammen. Die Führung und die Mittel liegen grösstenteils in der Verantwortung der Kantone. […].“
Begründung: Der Bevölkerungsschutz ist keine Organisation, wie aus der Formulierung im Entwurf hervorgehen könnte – er ist ein Verbundsystem. Die Kantonalen Führungsorganisationen (KFO) als zentrale Organe in der Krisenbewältigung müssen genannt werden. Für Dritte ist mindestens ein Beispiel aufzuführen. Der Vorschlag bezieht sich auf die Armee, die als Partner (aber nicht als Partnerorganisation) des Bevölkerungsschutzes mit den Kantonalen Territorialverbindungsstäben (KTVS) in den KFO vertreten ist.
Feuerwehr: Zwischen Polizei und EZV ist der folgende Abschnitt einzufügen, um der Feuerwehr nebst den anderen namentlich genannten Akteuren und Sicherheitsinstrumenten den notwendigen Stellenwert einzuräumen:
„Die Feuerwehr ist das Hauptinstrument zur Intervention bei Bränden, Naturereignissen, Einstürzen, Unfällen oder ABC-Ereignissen zum Schutz von Menschen, Tieren, Umwelt und Sachwerten. Die Intervention erfolgt in der gesamten Schweiz innert weniger Minuten und in der zur Ereignisbewältigung erforderlichen Quantität (Anzahl Feuerwehrleute) und Qualität. Das heisst, dass eine genügende Anzahl Angehörige der Feuerwehren für die Intervention bereitstehen und diese über die notwendigen Qualifikationen und Kompetenzen verfügen. Die Feuerwehr ist kantonal organisiert und bildet mit ihren Berufselementen, Stützpunkten und kommunalen sowie betrieblichen Feuerwehren während 365 Tage im Jahr rund um die Uhr einen unverzichtbaren Beitrag zur Sicherheit der Bevölkerung.“
Zivildienst: Im betreffenden Abschnitt (S. 29) sind einige Präzisierungen erforderlich.
Der erste Satz soll neu lauten: „Der Zivildienst ist der zivile Ersatzdienst für Militärdiensttaugliche, die den Militärdienst aus Gewissensgründen nicht leisten wollen„. (anstatt: „können“).
Begründung: der Zivildienstleistende kann sehr wohl Militärdienst leisten, da er militärdiensttauglich ist; er will dies jedoch aus Gewissensgründen nicht tun.
Der zweite Satz soll neu lauten: „Sie können gemäss Zivildienstgesetz Einsätze bei Katastrophen und Notlagen, […], leisten.“
Begründung: Der Satz im vorliegenden Entwurf lautet aktuell: „Sie [die Zivildienstleistenden] leisten gemäss Zivildienstgesetz Einsätze bei Katastrophen und Notlagen, insbesondere in den Bereichen Umwelt sowie Pflege und Betreuung im Gesundheits- und Sozialwesen.“ Dieser Satz suggeriert, dass die Bewältigung von Katastrophen und Notlagen eine primäre Aufgabe des Zivildienstes ist, was gemäss Zivildienstgesetz nicht der Fall ist. So werden in Art 4 Abs 1 Zivildienstgesetz acht Bereiche genannt, in denen der Zivildienst tätig werden kann. Die Vorbeugung und Bewältigung von Katastrophen und Notlagen steht dabei an letzter Stelle.
Der dritte Satz soll neu lauten:
„Der Einsatz Zivildienstleistender erfolgt ergänzend zu jenem von Zivilschutz und Armee; er kann die Durchhaltefähigkeit im Bevölkerungsschutz stärken.“
Begründung: Die im Entwurf erscheinende Formulierung „Die Einsätze des Zivildienstes“ kann den Eindruck erwecken, dass es sich um Einsätze ganzer Formationen handelt. Dies wird in unserem Formulierungsvorschlag geklärt.
Der vierte Satz soll neu lauten: „Zivildienstleistende können nach einer Aufgebotsfrist von rund zwei Wochen als einzelne Personen zum Einsatz gelangen.“
Begründung: Die im Entwurf erscheinende Formulierung „Der Zivildienst ist nicht als Ersteinsatzorganisation konzipiert und nicht in Formationen gegliedert“ ist zu negativ. Es ist positiv und realitätsbezogener zu formulieren. Denn auch der Zivilschutz ist keine Ersteinsatzorganisation, der Zivilschutz kann aber in einzelnen Kantonen bereits als Pikettformationen innerhalb von Stunden aufgeboten werden.
Der letzte Satz soll neu lauten: „Offene Fragen zum Beitrag des Zivildienstes bei Katastrophen und Notlagen werden innerhalb der laufenden Arbeiten zur Alimentierung von Armee und Zivilschutz insbesondere in mittel- und langfristiger Perspektive geprüft.“
Begründung: Diese Formulierung gibt die Fakten präziser wieder und nimmt zudem den konkreten Rahmen auf, in dem die Rolle des Zivildienstes geprüft wird, nämlich den „Bericht über die Alimentierung von Armee und Zivilschutz“.
Stärkung des Schutzes vor Katastrophen und Notlagen: 1) Der erste Satz ist wie folgt umzuformulieren: „Das Verbundsystem Bevölkerungsschutz mit seinen Partnerorganisationen (Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technischen Betriebe und Zivilschutz) ist das primäre Instrument zur Bewältigung von […]“. 2) Auf die Nennung des Anfang 2021 in Kraft getretenen Gesetzes über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz ist zu verzichten. 3) Der Abschnitt über die sanitätsdienstlichen Schutzanlagen ist auf die Seite 39 zu verschieben und als zweiten Punkt in den Abschnitt „Zur Stärkung des Schutzes […]“ einzufügen. 4) Die mögliche Verwendung von sanitätsdienstlichen Schutzanlagen im Falle von Erdbeben oder Pandemien ist zu streichen. 5) Der Hinweis, dass in den letzten Jahren div. Projekte zum Thema «sichere, hochverfügbare Kommunikation und Datenübertragung» lanciert wurden, suggeriert, dass diesbezüglich eine Entwicklung in Gang gesetzt wurde. Tatsache ist aber, dass im Moment alle Projekte stocken und teilweise vom BABS in Überprüfung sind. Wir schlagen vor, dies hier anzumerken.
Begründung: 1) Der Bevölkerungsschutz ist keine Organisation, wie aus der Formulierung im Entwurf hervorgehen könnte – er ist ein Verbundsystem (vgl. entsprechende analoge Ausführungen unter Ziff. 4 oben). 2) Die Nennung des totalrevidierten BZG ist ein Blick in die Vergangenheit, der nichts aussagt. In diesem Teil des Berichts geht es um die Umsetzung der zu ergreifenden Massnahmen. 3) Die Prüfung der zukünftigen Nutzung der sanitätsdienstlichen Schutzanlagen ist eine Massnahme zur Stärkung des Schutzes vor Katastrophen und Notlagen. Sie passt daher besser in den genannten Abschnitt. 4) Die meist unterirdischen Sanitätsdienstlichen Schutzanlagen mit ihren oft engen Verhältnissen sind für Pandemien kaum geeignet. Erdbebenbetroffene werden zudem kaum unterirdische Anlagen aufsuchen, da die Angs vor Verschüttung bei einem Nachbeben besteht.
Stärkung der Zusammenarbeit zwischen den Behörden des Krisenmanagements: In diesem Abschnitt sind die Kantonalen Führungsorganisationen (KFO) aufzuführen.
Begründung: Die KFO sind das wichtigste Führungsgremium im Krisenmanagement der Kantone.
Dienstpflichtsystem: Der Abschnitt soll neu lauten:
1) „Schliesslich verlangt erfolgreiche Krisenbewältigung, dass alle sicherheitspolitischen Instrumente einsatzfähig sind, auch jene die ganz oder teilweise auf dem Dienstpflichtsystem basieren: Armee, Zivilschutz und Feuerwehr.“
Und weiter unten:
2) „Gleichzeitig muss sich das Dienstpflichtsystem an gesellschaftliche Entwicklungen und Bedürfnisse anpassen, wobei Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Dienstpflicht im Vordergrund steht, speziell bei den Feuerwehren.“
Begründung: 1) Der zivile Ersatzdienst ist an dieser Stelle nicht zu erwähnen, weil er kein sicherheitspolitisches Instrument darstellt, welches für die erfolgreiche Bewältigung einer Krise notwendig ist. 2) Die Vereinbarkeit der Dienstpflicht mit Beruf und Familie stellt speziell bei den Feuerwehren eine grosse Herausforderung dar. Die Erfüllung der Dienstpflicht basiert immer auf einem gewissen Grad auf Freiwilligkeit, da eine Verpflichtung zum Dienst i.d.R. wenig zielführend ist. Dies bedingt jedoch eine Entwicklung des Dienstpflichtsystems mit gleichzeitiger Steigerung der Attraktivität.
Verbesserung der Bestände: Der Abschnitt soll neu lauten:
„Sicherstellung der notwendigen Bestände von Zivilschutz und Armee, z.B. durch Integration von Zivildienstleistenden in den Zivilschutz und bessere Vereinbarkeit von Militärdienst und Zivilleben.“
Begründung: Es geht nicht um die „Verbesserung“ der Bestände, diese sind in Armee und Zivilschutz festgelegt; es geht darum, die notwendigen Bestände sicherzustellen. Die Diskussion um die Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems ist längst initiiert. Spätestens der Bericht der Studiengruppe Dienstpflichtsystem (März 2016) hat die Diskussion eröffnet. Auch in den Medien und der interessieren Öffentlichkeit ist dies ein Thema. Der Satz „Initiierung einer Diskussion zur Weiterentwicklung des Dienstpflichtsystems“ ist daher zu streichen. Zudem empfehlen wir, als konkrete Massnahme die bewusste Erhöhung bzw. Förderung des Frauenanteils aufzuführen. Darüber hinaus stellt sich bei den Frauen die Frage nach der Vereinbarkeit mit dem Zivilleben (Mutterschaft) besonders deutlich.