Der Austausch zwischen Bund und Kantonen bei der Bewältigung der Covid-Krise funktionierte nicht reibungslos.[1] Die bestehenden Systeme waren zunächst kaum in der Lage, einen konstanten und geordneten Informationsfluss sicherzustellen. In der Entscheidungsfindung dominierte meist eine sektorielle Sicht. Es wurde zu wenig vorausschauend geplant und mit Szenarien gearbeitet. Der Einbezug der Kantone in die Entscheidungsfindung des Bundesrates, die Koordination zwischen Bund und Kantonen sowie die Unterstützung des kantonalen Vollzugs verbesserten sich indes im Verlauf der Krise. Schrittweise Optimierungen führten zu einer Intensivierung und Institutionalisierung des Austausches zwischen den verschiedenen Sektoren, was im Ansatz zu einem ganzheitlicheren Krisenmanagement führte. Dennoch besteht grundsätzlicher Optimierungsbedarf. Nun geht es darum, gesetzliche und organisatorische Lücken im Krisenmanagement zu schliessen sowie bestehende Prinzipien im Hinblick auf eine bessere Umsetzung zu präzisieren. Dadurch soll ein möglichst effizientes und flexibles Krisenmanagement zwischen Bund und Kantonen erreicht werden.
Die RK MZF ist der Ansicht, dass die vorhandenen Strukturen des Schweizer Krisenmanagements grundsätzlich belastbar sind. So verfügt das Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) mit der Nationalen Alarmzentrale (NAZ) und dem Bundesstab Bevölkerungsschutz (BSTB) über taugliche Mittel, um die wichtigen Akteure miteinander zu verbinden und dem Bundesrat Entscheidungsgrundlagen vorzubereiten. In der Covid-Krise wurde der BSTB jedoch nicht zielführend eingesetzt. Anstatt Entscheidungsgrundlagen vorzubereiten, wurde der BSTB zur Informationsplattform entwertet. Parallel dazu agierten mehrere Stäbe ohne umfassende gegenseitige Information. Da bald alle Fäden beim Bundesamt für Gesundheit (BAG) zusammenliefen, führte dies zur einseitigen Fokussierung auf die gesundheitlichen Aspekte der Krise. Damit entfernte sich der Bund von einer belastbaren Krisenorganisation hin zu einem komplexen, auf den einzigen Zweck der Pandemie-Bewältigung ausgerichtet Gebilde von Entscheidungswegen. Das Organigramm verstanden nur Insider, die Prozesse waren nicht geeignet, um bei einer anders gelagerten Krise angewendet zu werden.
Aus der Sicht der RK MZF machen jedoch gerade unabhängig vom konkreten Fall gültige einheitliche Prozesse und Strukturen das gute Krisenmanagement aus. Um in den relevanten Typen von Krisen wirken zu können, braucht es die gesetzlichen Grundlagen, die Erfahrung und die entsprechenden Mittel. Dazu zählen unter anderem eine integrale, digitale Lagedarstellung, ein Führungs- und ein Planungselement sowie eingespielte Kommunikationswege zu den Kantonen. Ein permanenter, die Departemente übergreifender Krisen- oder Führungsstab auf Stufe Bund mit Einbezug der Kantone müsste der Kern einer solchen Organisation bilden – ähnlich wie die Führungsorganisationen (KFO) in den Kantonen und Gemeinden. Die RK MZF hat daher mit Schreiben vom 1. Juni 2022 dem Bundesrat empfohlen, einen permanenten nationalen Krisenstab zu schaffen.
[1] Vgl. dazu und im Weiteren: Konferenz der Kantonsregierungen, Zusammenarbeit von Bund und Kantonen in der Covid-19-Epidemie: Schlussfolgerungen und Empfehlungen, Schlussbericht, Bern 29. April 2022.