Herausforderungen in Armee und Zivilschutz

Regierungsgebäude Luzern, 3. Mai 2019. Die Regierungskonferenz Militär, Zivilschutz und Feuerwehr (RK MZF) traf an ihrer heutigen Plenarversammlung mehrere Entscheidungen in den Bereichen Armee und Zivilschutz. Sie empfing die Chefin des VBS, Bundesrätin Viola Amherd, und den Direktor des Nachrichtendienstes des Bundes, Jean-Philippe Gaudin, der über Russland, dessen Machtpolitik und Beeinflussungsoperationen informierte.

Der Zivilschutz ist das strategische Element der Kantone zur Bewältigung von Katastrophen und Notlagen. Die Zahl rekrutierter Schutzdienstleistender ist in den letzten Jahren dramatisch gesunken. Statt der schweizweit nötigen 6’000 Personen wurden 2018 nur gerade 3’700 rekrutiert. Damit droht eine Sicherheitslücke in den Kantonen. Die RK MZF hat daher den Sicherheitspolitischen Kommissionen des Eidgenössischen Parlaments empfohlen, die Zusammenführung von Zivildienst und Zivilschutz sowie die Integration von Dienstpflichtigen mit ethischen Problemen in den Zivilschutz zu prüfen. Zudem soll die Vergrösserung der Rekrutierungsbasis durch Frauen und/oder Ausländer geprüft werden. Der Chefin VBS wurde empfohlen, eine Arbeitsgruppe aus Vertretern von Bund und Kantonen unter der Leitung des Bundesamts für Bevölkerungsschutz (BABS) einzusetzen, um zu prüfen, wie der Zivildienst in den Zivilschutz integriert und das Rekrutierungsgefäss erweitert werden kann.

Seit 2014 hat sich sicherheitspolitische Lage verschlechtert. Der Rückfall zur Machtpolitik erhöht die Wahrscheinlichkeit militärischer Konflikte. Diese Entwicklungen betreffen auch die Schweiz. Parallel dazu hat die Bevölkerung der Schweiz zugenommen. Eine Katastrophe führt zu mehr Schutzsuchenden als noch vor 30 Jahren. Die Schutzbauten (Schutzanlagen und Schutzräume) bleiben daher ein Pfeiler des Bevölkerungsschutzes. Schutzanlagen (Kommandoposten und Bereitstellungsanlagen) stehen wegen der Bestandesreduktion beim Zivilschutz in grosser Zahl zur Verfügung. Hier kann eine Reduktion oder eine Umnutzung zu Schutzräumen sinnvoll sein. Bevor die weitere Nutzung sanitätsdienstlicher Schutzanlagen definiert wird, ist ihr Bedarf abzuklären und festzulegen, wer sie betreiben soll. Schutzräume dienen dem Schutz der Bevölkerung. Hier besteht nach wie vor ein Bedarf, den die Kantone zu erfüllen haben. Änderungen bei den Schutzbauten müssen auf aktualisierten Strategien und Konzepten gründen. Diese fehlen bisher. Die RK MZF hat heute entschieden, gemeinsam mit dem BABS eine solche Strategie zu erarbeiten.

Im Jahr 2018 besuchten einzelne Kaderanwärter der Schweizer Armee ihre ehemaligen Schulen und hielten dort kurze Vorträge über ihre persönlichen Erfahrungen als Angehörige der Armee und die Möglichkeiten im Militärdienst. Diese Besuche sind auf Interesse gestossen. Eine Analyse dazu soll Ende 2019 vorliegen. Die Armee will diese Besuche fortsetzen. Die RK MZF hat heute dem Chef des Kommandos Ausbildung empfohlen, die Erarbeitung eines Konzepts zur Klärung der entsprechenden Prozesse an die Hand zu nehmen. Das Konzept ist in Zusammenarbeit mit den Kantonen zu erarbeiten und an der Plenarversammlung der RK MZF im Jahre 2021 vorzulegen. Die bis dahin mit dem Projekt „Offiziere in den Schulen“ gemachten Erfahrungen sind in das Konzept aufzunehmen.

Der RK MZF lag im Mai 2018 ein Projektbericht über die Weiterentwicklung des Orientierungstages vor. Die Option „Obligatorischer Orientierungstag für Schweizerinnen“, so ein Gutachten, mache eine Verfassungsänderung nötig. Die RK MZF lehnte daher die Umsetzung dieser Option ab und empfahl die Einführung des freiwilligen Orientierungstages als Amtstermin. Damit können bestehende Diskriminierungen beseitigt werden. Im September 2018 reichte Nationalrätin Sylvia Flückiger eine Interpellation mit der Frage nach einer Entschädigung für Frauen bei deren Teilnahme am Orientierungstag ein. Der Bundesrat vertrat Ende November 2018 die Ansicht, dass die freiwillige Teilnahme an einem Orientierungstag unter die Anwendung von Artikel 324a des Obligationenrechts falle. Demnach liege die freiwillige Teilnahme am Orientierungstag im öffentlichen Interesse des Bundes, weil dadurch das Interesse der Frauen an einer freiwilligen Militärdienstpflicht gesteigert werde. Dieses Interesse überwiege dasjenige des Arbeitgebers an der Arbeitsleistung. Schweizerinnen, die freiwillig am Orientierungstag teilnehmen, haben also nach Ansicht des Bundesrats Anspruch auf eine Lohnfortzahlung. Die RK MZF hat heute der Chefin VBS empfohlen, dem Bundesrat und dem Parlament eine eindeutige Ergänzung des Artikels 324a Absatz 3 des Obligationenrechts zu beantragen. So soll bei Schwangerschaft der Arbeitnehmerin oder bei freiwilliger Teilnahme der Arbeitnehmerin an der Orientierungsveranstaltung nach Artikel 8 Absatz 3 des Militärgesetzes der Arbeitgeber den Lohn im gleichen Umfang entrichten. Die Anpassung soll im Rahmen der bevorstehenden Teilrevision des Militärgesetzes erfolgen.

Atomare, biologische und chemische Bedrohungen und Gefahren stellen zentrale Bereiche des Bevölkerungsschutzes dar. Zahlreiche Gremien sind in den ABC-Schutz einbezogen. Die Übersicht über diese Gremien und ihre Koordination muss optimiert werden. Daher hat die RK MZF beschlossen, gemeinsam mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) einen Lenkungsausschuss ABC zu entwickeln, der diese Koordination mit der nötigen Effizienz wahrnimmt.

Die RK MZF verabschiedete heute ihre neue Strategie. Damit soll den sicherheitspolitischen Herausforderungen in den Jahren von 2020 bis 2025 noch effektiver begegnet werden können. Neue Risiken und Gefahren sollen frühzeitig erkannt und entsprechende Massnahmen auf politisch-strategischer Stufe eingeleitet werden. Dazu wurden eine Vision formuliert, strategische Ziele definiert und strategische Handlungsfelder aufgezeigt. Die der RK MZF angegliederte Konferenz der Kantonalen Verantwortlichen für den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz (KVMBZ), die sich aus den Chefs der kantonalen Ämter für Bevölkerungsschutz zusammensetzt, wurde beauftragt, ein Konzept über ihre Verstärkung zu erarbeiten und dieses der RK MZF an der Jahreskonferenz 2020 vorzulegen.

Die Plenarversammlung wählte drei neue Mitglieder in ihren Vorstand: Regierungsrätin Cornelia Komposch-Breuer, Präsidentin des Regierungsrates und Vorsteherin des Departements für Justiz und Sicherheit des Kantons Thurgau, Staatsrat Maurice Ropraz, Vorsteher des Sicherheits- und Justizdirektion des Kantons Freiburg und Regierungsrat Philippe Müller, Vorsteher der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern.